Einige von euch haben vielleicht schon von den allgemeinen Notdienstproblemen und dem sogenannten „Kliniksterben“ in der Tiermedizin gehört oder gelesen. Durch die (längst überfällige) flächendeckende Einhaltung von Mindestlohn und Arbeitszeitgesetz ist die Aufrechterhaltung eines 24 Stunden Notdienstes für viele Tierärztliche Kliniken, auch bei Einhaltung des doppelten bis dreifachen Gebührensatzes, unrentabel geworden. Sie geben die Bezeichnung Tierärztliche Klinik ab, es bleiben Tageskliniken und Tiergesundheitszentren übrig, und diese schließen spätestens um 18 Uhr ihre Türen. Tierhalter müssen nun weite Strecken in Kauf nehmen um ihr Liebling außerhalb der Öffnungszeiten behandeln zu lassen.
So sieht die durchschnittliche Lage in Deutschland derzeit aus.
Aber wie ist es bei uns in Leipzig konkret geregelt?
Leipzig hat den Luxus gleich 2 Tierärztliche Kliniken vor Ort zu haben. Die Kleintierklinik der Universität Leipzig und die Tierklinik Panitzsch. Beide bieten eine 24-Stunden Behandlung von Notfällen an. Sie bilden also die Notaufnahme in dem System.
Diese Tatsache ist allgemein bekannt und wird gut genutzt. Zu Gut. Viel zu Gut.
Sonntag, 14 Uhr: Eine junge Tierärztin ist frustriert, aufgrund des übervollen Wartezimmers oder/und des ständig klingelnden Telefons. Während sie gerade ihr bestes gibt den Autounfallpatienten zu stabilisieren, ruft eine Katzenbesitzerin mit ganz schlimmen und ganz plötzlichen Flohproblemen an und von draußen wird gemeckert, wann denn der Durchfallhund endlich behandelt wird.
Was wissen aber leider die wenigsten?
Sonntag, 14 Uhr, eine Tierarztpraxis im Leipziger Stadtgebiet: Ein selbstständiger Tierarzt sitzt ebenfalls frustriert in seinem Behandlungszimmer und wartet, dass sein Telefon klingelt. Denn seine Praxis wurde dieses Wochenende zum Notdienst der Leipziger Tierarztpraxen eingeteilt, an dem sich über 40 Tierarztpraxen in Leipzig und Umgebung beteiligen. Er wäre genau der richtige Ansprechpartner für den lästigen Floh (dies ist kein Notfall, aber wir können es auch nachvollziehen, dass sie ihn nicht 1 Minute länger im Haus haben wollen), den Durchfall ( ja, es macht einem zu schaffen, wenn man seinem Tier nicht helfen kann), der plötzlichen sehr schmerzhaften Blasenentzündung und auch für eine Anfrage, ob die jeweilige Situation gerade einen Tierarzt bedarf oder ob es auch noch bis Montag warten kann.
Ja richtig, es gibt eine Behandlungsmöglichkeit für ihre Tiere außerhalb der Tierklinik.
Der Notdienst bzw. die Notdienstbereitschaft der Tierarztpraxen ist schon öfter einem Wandel ausgesetzt gewesen. Anfang dieses Jahres gab es in der Tierärzteschaft wieder ein erhöhtes Konfliktpotential über den Sinn und Unsinn und die Zeiten des Notdienstes. Ende August gab es nun folgende Einigung:
Die Uniklinik muss dringend von den Lappalien entlastet werden um sich den wirklichen dringenden Notfällen widmen zu können. Dies darf jedoch nicht erst im Wartezimmer geschehen, sondern schon bevor die Tierbesitzer den Weg Richtung Uni einschlägt. Dafür muss der Notdienst der Tierarztpraxen bekannter werden. Für eine einfachere und bessere Erreichbarkeit wird es bald eine zentrale Notdienstnummer geben, diese leitet dann automatisch auf die diensthabende Praxis weiter.
Die Zeiten des Notdienstes sind am Samstag und Sonntag von 08 bis 16 Uhr. Anfang nächsten Jahres werden die Notdienstzeiten dann weiter ausgebaut.
Als Team der Tierärztlichen Gemeinschaftspraxis Kolonnadenviertel haben wir die Aufgabe übernommen, den Notdienst der Tierarztpraxen über die sozialen Medien bekannter zu machen. Dafür wird es einen eigenen Account geben. In diesem werden zwar keine einzelnen Tierarztpraxen benannt, aber die zentrale Telefonnummer und Website durch interessante Inhalte, Fallbeispiele und Fragespiel (Notfall oder nicht?) beworben.
Was ist nun eigentlich ein Notfall?
Die Bundestierärztekammer hat jüngst einen Flyer dazu herausgebracht. In diesem definiert sie ein Notfall, als Situation die ohne sofortige tierärztliche Hilfeleistung zu erheblichen gesundheitlichen Schäden oder dem Tod des Tieres führen.
Dazu zählen:
- mein Tier ist nicht ansprechbar (Bewusstseinverlust, Zusammenbruch)
- Atemnot (hohe Atemfrequenz bei angestrengter Atmung, Maulatmung bei der Katze, Blau anlaufen)
- starke Blutungen
- anhaltende Krämpfe
- plötzliche Lähmungen
- anhaltendes blutiges Erbrechen und/oder Durchfall mit zunehmender Schwäche
- erfolgloser Versuch des Erbrechens bei einem großen Hunde mit zunehmendem Bauchumfang und Schwäche (Verdacht Magendrehung)
- Aufnahme von Giftstoffen
- Augenverletzungen
Sowohl in den Tierkliniken als auch in den Tierarztpraxen entstehen in den Notdienstzeiten erhöhte Kosten bei der Behandlung. Die Abrechnung der Behandlung erfolgt, nach gemeinsamer Übereinkunft, daher mindestens im 2-fachen Satz der Gebührenordnung. Falls eine Nachbehandlung nötig sein sollte, wird Ihnen die behandelnde Praxis eine Rücküberweisung für Ihren Haustierarzt mitgeben.
Tierhalter und Tierärzte müssen also zusammenhalten und – arbeiten, wenn es um kritische Situationen (das kritischste ist ja meist die Tatsache, dass der Haustierarzt gerade geschlossen hat) geht.
Die Notaufnahme der Tierkliniken müssen entlastet werden, um die Behandlung der echten, lebensbedrohlichen Notfälle sicher stellen zu können.
Andere Notfälle oder auch scheinbare Notfälle, außerhalb der Öffnungszeiten des Haustierarztes, wenden sich bitte an die notdiensthabende Tierarztpraxis, zu finden unter
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