Jahrzehntelang galt die Feline Infektiöse Peritonitis, kurz: "FIP", als gefürchtete und nicht heilbare Erkrankung bei Katzen. Die meisten betroffenen Stubentiger starben innerhalb kurzer Zeit oder wurden nach der Diagnose sehr schnell euthanasiert. Ein neues Medikament macht nicht nur Hoffnung, sondern zeigt bereits sehr eindrucksvolle Erfolge in der Behandlung dieser schweren Krankheit.
Was ist FIP überhaupt?
Die Feline Infektiöse Peritonitis ist eine Infektionskrankheit bei Katzen, die durch ein mutiertes Felines Coronavirus verursacht wird. Dieses Virus hat NICHTS mit SARS-CoV-2-Virus zu tun und ruft in der Regel als Felines-Enterales-Coronavirus nur eine milde Darminfektion mit Durchfall und/oder Erbrechen hervor. In seltenen Fällen kann dieses Virus allerdings in die gefährliche Form des Felinen-Infektiösen-Peritonitis-Virus mutieren. Warum genau es bei manchen Katzen zu dieser Mutation kommt und bei anderen nicht ist noch nicht abschließend geklärt, aber ein geschwächtes Immunsystem und Stress jeglicher Art begünstigen die FIP-Erkrankung. Zudem erkranken insbesondere jüngere Tiere.
Wie wird das Virus übertragen?
Das Virus wird zumeist direkt von Tier- zu Tier oder über infizierten Kot übertragen. Auch eine Übertragung vom Muttertier auf die Welpen während der Trächtigkeit ist möglich. Ob ein bereits infiziertes Tier jedoch auch die mutierte und gefährliche FIP entwickelt, lässt sich nicht vorhersagen.
Welche Symptome hat FIP?
FIP kann sehr vielfältig und mit den verschiedensten Symptomen auftreten, was die Diagnose häufig schwierig macht. Als erste Anzeichen treten häufig sehr unspezifisch Fieber, Fressunlust und Gewichtsabnahme auf. Später folgen oft Atemnot und Lethargie bis hin zu Apathie. Klassisch wird die "feuchte" FIP von der "trockenen" FIP unterschieden, allerdings zeigen die meisten Katzen Mischformen aus beiden Komponenten. Die feuchte FIP stellt die "klassische" Variante dar und ist durch Flüssigkeitsansammlungen in der Bauch- und/ oder Brusthöhle gekennzeichnet (Aszites bzw. Pleuraerguss). Diese Flüssigkeit ist gelblich-dickflüssig und eiweißreich und kann bei der Diagnose hilfreich sein.
Die trockene FIP tritt in Form von knotigen Veränderungen an inneren Organen auf und kann je nach Lokalisation mit unspezifischen bis sehr spezifischen Symptomen einhergehen. Häufig treten Gelbsucht und Blutarmut auf. Bei der okulären Form der trockenen FIP sind Veränderungen in den Augen wie z.B. Blut- oder Fibrinansammlungen in der vorderen Augenkammer, Uveitis und Hornhautveränderungen typisch, bei der neurologischen Form stehen Krämpfe, Anfällle, Lähmungen und Orientierungslosigkeit im Vordergrund.
Unbehandelt ist die FIP fast immer tödlich!
Wie wird FIP diagnostiziert?
Leider ist die Diagnose der FIP nicht immer ganz so einfach und eindeutig. Eine umfangreiche Anamnese (Klärung des Alters, der Haltung, Vorgeschichte) und klinische Symptome können erste Hinweise auf eine FIP geben.
Dabei werden Formen mit ausgeprägten spezifischen Symptomen wie z.B. die okuläre FIP mit Fibrin-und Blutansammlungen in der vorderen Augenkammer oder einer schweren Bauchwassersucht häufig eher erkannt als Katzen mit nur sehr unspezifischen Symptomen wie Fieber und Fressunlust. Bei Tieren mit einer Flüssigkeitsansammlung in Brust- oder Bauchhöhle kann eine Punktion und Untersuchung der Flüssigkeit schnell die Diagnose einer FIP bringen. Blutuntersuchungen zeigen häufig eine Blutarmut, erhöhte Entzündungs- und Leberwerte, ein erhöhtes Globulin (spezifisches Eiweiß) und einen erniedrigten Albumin-Globulin-Quotienten. Zusätzlich sollte bei FIP-verdächtigen Tieren immer auch eine Katzen-Virologie mit FIP, FIV und FeLV angefordert werden. Das Feline-Immundefizienz-Virus (FIV) sowie das Feline-Leukämievirus (FeLV) sollten stets differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden bzw. können auch in Kombination mit dem FIP-Virus auftreten. Eine Katze mit FIP weist deutlich erhöhte Antikörper gegen das Feline Coronavirus auf.
ACHTUNG: Auch Katzen mit der weniger gefährlichen unmutierten Form des Felinen-Enteralen-Coronavirus können bei einer erst kürzlich stattgefunden Infektion hohe Antikörper aufweisen, ohne die mutierte FIP-Variante zu haben. Diese Antikörper können also nicht zwischen der Grundform und der mutierten Form unterscheiden.
Wie wird die FIP behandelt?
Jahrzehntelang galt die FIP als unheilbar, die meisten Katzen wurde mit Diagnosestellung direkt euthanasiert oder starben innerhalb weniger Wochen bis Monate. Seit 2018 wird die Wirksamkeit eines neuen Medikamentes namens "GS-441524" in der Literatur erwähnt und zeigte bereits bei etlichen FIP-erkrankten Katzen eine deutliche klinische Besserung bis hin zur Heilung. Leider ist das Nukleosid-Analogon in Deutschland nicht zugelassen und darf nicht legal bezogen oder von Tierärzten legal angewendet werden. Aus diesem Grund hat sich ein privates Netzwerk gebildet, welches das Medikament aus dem Ausland bezieht, um Katzen in Deutschland die notwendige Therapie zu ermöglichen. Dies ist nur durch die ehrenamtliche Arbeit von vielen Freiwilligen möglich. Da das Medikament von Tierärzten nicht legal angewendet werden darf, muss es von den Tierbesitzern zu Hause selbstständig über mehrere Monate gegeben werden. Die Kosten hängen von Körpergewicht und Schwere der Erkrankung ab und liegen etwa zwischen 500 und 1500€. Dabei gibt es Heilungschancen von bis zu 90%. Neben der GS-Behandlung sollten regelmäßig Blutkontrollen sowie symptomatische Therapie beim Tierarzt durchgeführt werden.
Da die Therapie selber bisher keine bekannten Nebenwirkungen hat, FIP sehr schnell tödlich enden kann und die endgültige Diagnosefindung häufig langwierig ist, wird empfohlen, bereits bei einem fundierten Verdacht mit der Therapie zu starten. Es wird einer nicht an FIP erkrankten Katze nicht schaden, vorübergehend mit dem Medikament behandelt zu werden, allerdings kann eine rechtzeitige Behandlung einer FIP-erkrankten Katze das Leben retten.
Was kann man präventiv machen?
Theoretisch gibt es eine Impfung gegen FIP, allerdings weist diese keine gesicherte Wirksamkeit auf, weshalb sie aktuell nicht empfohlen wird. Generell sollte man auf Hygiene im Katzenumfeld achten, insbesondere in Mehrkatzenhaushalten. In größeren Zuchten oder Tierheimen sollten Tiere möglichst in kleineren, festen Gruppen gehalten und nicht untereinander durchgetauscht werden. Auch die Reduktion von Stress ist angeraten.
Wenn man eine FIP-positive Katze hat, muss und sollte man bereits andere im Haushalt lebende Katzen nicht von ihr trennen, da sie sich zum einen mit hoher Wahrscheinlichkeit schon mit der Grundform des Felinen-Enteralen-Coronavirus angesteckt haben und die Trennung von regelmäßigen Sozialpartnern für die FIP-erkrankte Katze massiven Stress und damit eine schlechtere Prognose bedeuten kann.
Wenn man bereits eine FIP-Katze hat, sollte man sich allerdings am besten keine neue Katze OHNE Antikörper gegen das Feline-Coronavirus anschaffen, um diese nicht unnötig zu gefährden.
P.S.: Wir bekommen zum Thema FIP und GS-Therapie sehr viele Anfragen aus diesem Blogbeitrag in die Praxis. Wir können bei Praxis-fremden Patienten nur beratend zur Seite stehen. Diese Beratungsleistung rechnen wir nach der Gebührenordnung für Tierärzte ab.
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